Verlässliche Energie aus Schwäbischem Wind

Naturspeicher Gaildorf Gesamtanlage, Quelle: ©Alexander Schechner

Naturspeicher Gaildorf Gesamtanlage, Quelle: ©Alexander Schechner

Im schwäbischen Gaildorf möchte der Ingenieur Alexander Schechner Windenergie und Wasserkraft so miteinander kombinieren, dass die beiden Erneuerbaren Quellen verlässlich Strom liefern können.

Was zunächst utopisch klingt soll nun realisiert werden. Vor wenigen Wochen wurde mit dem Wegebau begonnen: Vier Windenergieanlagen auf einem Bergrücken nahe Gaildorf sollen Strom erzeugen. Unter jeder Anlage befindet sich ein Wasserspeicher, der bei viel Wind mit Pumpen aus dem Tal gefüllt wird und bei wenig Wind das Wasser über eine Druckleitung zu einem Pumpspeicherkraftwerk im Tal ablässt. Der Strom aus der Wasserkraftturbine kann so den fehlenden Windstrom ersetzen. Für die Realisierung des Projekts hat sich Schechner, der bei Voith Hydro, einem schwäbischen Hersteller von Wasserkraftturbinen aus Heidenheim arbeitet, mit dem Baukonzern Max Bögl aus der Oberpfalz zusammengetan, ein Spezialist für Türme von Windenergieanlagen.

Das Projekt hat eine lange Vorgeschichte. Bereits 2011 stimmten die Gaildorfer in einem Bürgerentscheid mit einer Mehrheit von 56,6 Prozent (25,2 % der Stimmberechtigten) für das Projekt. Ein Bauantrag wurde eingereicht. Doch ausgerechnet der attraktivste Anlagenstandort musste wegen Auflagen des Naturschutzes fallen gelassen werden. Umplanungen wurden notwendig, technische Herausforderungen mussten gemeistert werden. Wegen des schwachen Windes mussten die Anlagen hoch hinaus. Die notwendigerweise sehr großen Anlagen müssen aber auch zu dem Standort gelangen, genauso wie ein entsprechend großer Kran zu ihrer Errichtung. Für dieses Problem hat Projektpartner Max Bögl die passende Lösung gefunden. Mit seinen zusammen mit Liebherr entwickelten, innovativen Kletterkrankonzepten macht er es seit ein paar Jahren möglich, dass Windenergieanlagen mit über hundert Meter Nabenhöhe auch bei sehr wenig Standfläche errichtet werden können. Nachdem alle technischen und ökologischen Hindernisse umschifft waren, wurde im Mai 2014 die Genehmigung erteilt. Natürlich ist auch die Finanzierung des 40 Millionen Euro Naturstromspeichers nicht ganz einfach, denn -wenn überhaupt- wird sich die Investition nur sehr langfristig rechnen. Da das Projekt technisches Neuland betritt, wurde eine Förderung beantragt, um es dennoch realisieren zu können. Nun könnte der Förderbescheid erteilt werden.

Projektgegner geben nicht auf

Die Gegner des Projekts befürchten die die Zerstörung des Landschaftsbildes und einen Wertverlust ihrer Häuser. Darüber hinaus haben Sie Bedenken, dass der Naturschutz nicht ausreichend berücksichtigt wurde und bemängeln, dass die ursprünglich geplante Bürgerbeteiligung nun nicht mehr vorgesehen ist. Sie haben es trotz verlorenem Bürgerentscheid und erteilter Genehmigung erreicht, das sich der Petitionsausschuss des Landtags mit ihrem Einspruch gegen das Projekt befasst. Er wird am 01.012.14 sogar eine Sondersitzung vor Ort abhalten, um die Relevanz besser einschätzen zu können. Auch wenn sich anschließend noch der Landtag mit dem Einspruch der Projektgegner befassen sollte, erscheint ein Projektstopp jedoch wenig wahrscheinlich.

Keine Frage, das Projekt „Naturstromspeicher“ wird das Landschaftsbild im Limpurger Land oberhalb von Gaildorf verändern, wo die vier Gamesa Windenergieanlagen mit 152-172 m Nabenhöhe errichtet werden. Zusammen mit dem Rotor, der einen Durchmesser von 136 m haben wird, ergibt sich eine Weltrekord verdächtige Gesamthöhe von bis zu 240 m. Mit der geplanten Nennleistung von 5,5 MW je Anlage betritt der spanische Windenergieanlagenhersteller Gamesa ebenfalls neues Terrain. Bisher verfügen auch die größten die Offshore-Anlagen von Gamesa nur über maximal 5 MW Generatoren und 132 m Rotordurchmesser. Doch der Clou dieses Projekts befindet sich unterhalb des Turmfußes der Windenergieanlagen. Große, kegelförmige Wasserspeicher aus Beton, auf deren oberen Ende dann die Anlagen errichtet werden sollen. Die Wasserspeicher sind Teil des Pumpspeicherkraftwerks, das sie über eine Druckleitung mit dem Kraftwerkshaus im Tal verbindet. Wenn das Wasser durch die Leitung mit großer Wucht ins 250 m tiefer gelegene Tal rauscht treibt es dort eine Turbine an die in etwa so viel Strom erzeugt, wie vorher zum Hochpumpen des Wassers notwendig war. Der Verlust beträgt nicht mehr als 20 Prozent. Der Gewinn wird in dem zuverlässig lieferbaren Strom liegen, der auch auf dem Strommarkt einen höheren Preis erzielen kann.

Hoher Aufwand für Speicher

Verglichen mit anderen Speicherformen wie Batterien oder Wasserstoff, ist ein Pumpspeicherkraftwerk vergleichsweise günstig und mit geringen Verlusten behaftet. Auch wenn der Aufwand groß erscheint nutzt das Projekt an diesem Ort dennoch optimal die natürlichen Gegebenheiten und verspricht eine technische Meisterleistung zu werden. Es ist nur ein kleiner Baustein der Energiewende, denn eine vollständige Umstellung der Stromversorgung auf Erneuerbare Energien benötigt noch erhebliche Investitionen in andere Speicherformen. Die Bundesregierung hat den zukünftigen Bedarf an unterschiedlichen Arten von Stromspeichern erkannt. Sie fördert sowohl kleinere Batteriespeicher für Fotovoltaikanlagen, von denen bereits über 6500 Stück installiert wurden, als auch Großbatterien zur Bereitstellung von Regelenergie und Elektrolyseverfahren zur Erzeugung von Wasserstoff. Das Ziel ist die Stückzahlen zu erhöhen, um es den Herstellern zu ermöglichen die Kosten zu senken und Erfahrungen im Betrieb zu sammeln.