Windenergie im urbanen Umfeld

Hamburg Altenwerder, 2 x 6 MW (E126), Foto: www.mediaserver. hamburg.de/ W. Huppertz

Hamburg Altenwerder, 2 x 6 MW (E126), Foto: www.mediaserver. hamburg.de/ W. Huppertz


Erneuerbare Energien faszinieren nicht nur wegen ihrer für das Klima unschädlichen Wirtschaftsweise. Sie erfreuen sich vor allem deshalb besonderer Beliebtheit, weil sie durch ihre dezentrale bzw. lokale Verfügbarkeit Unabhängigkeit und Freiheit versprechen. Diese Freiheit ist nicht nur ein Privileg von Einsiedlern und kleinen Dörfern. Die 11.000 Seelen Gemeinde Morbach in der Pfalz macht vor, wie man sich auch als etwas größere dörfliche Gemeinschaft zu 100% durch Erneuerbare Energien versorgen und diese relative Autonomie gut vermarkten kann. Die Windenergieanlage auf dem Müllberg an der A9 in München ist, genauso wie jede Solaranlage einem Hausdach, ein Zeichen der neuen Freiheit. Dennoch, in Großstädten ist der Anteil lokal produzierender EE bisher meist unter 1%.

In der Umgebung von großen Städten sind besonders Industriegebiete und Verkehrsadern geeignet, um dort auch größere Photovoltaik- oder Windenergieanlagen zu errichten. Nicht immer finden sich jedoch konfliktfreie Standorte: So z.B. in Bochum, wo zwei Landwirte eine Windenergieanlage mit 150 m Gesamthöhe in einem Abstand von 270 m zum nächsten Wohnhaus errichten wollten.
Der Standort liegt an der Grenze zwischen Bochum, Dortmund und Herne auf einer Anhöhe. Die 2 MW-Anlage könnte ca. 1.200 Haushalte mit Strom versorgen und ist dabei kaum lauter als die kleinen, hektisch drehenden 300 kW Anlagen, die sich Landwirte vor 20 Jahren selbst direkt neben ihren Hof gestellt haben. Die Bochumer Genehmigungsbehörde prüfte die Lärmbelastung, machte dem Betreiber Auflagen für den nächtlichen Betrieb und genehmigte die Anlage. „Wenn die Nachbarn nichts dagegen haben“, hätte sie ergänzen sollen. Die beiden Inverstoren bauten ganz auf die erteilte Genehmigung und errichteten Fundament und Turm. Nun stoppte sie das OVG Münster, weil mehrere Nachbarn geklagt hatten.

Bei einem Abstand von weniger als 2 x Gesamthöhe sah das Gericht eine „erdrückende Wirkung“ der Windenergieanlage als gegeben an und hob daher die Baugenehmigung auf, ohne die Möglichkeit einer Revision zuzulassen. Um einen Abriss der halbfertigen Anlagen zu verhindern, wird nun noch mit Hilfe eines Mediators zwischen Anwohnern, Investoren und der Genehmigungsbehörde verhandelt. Die Stadt müsste den Investor entschädigen und ist bereit einen Teil des Geldes für die Entschädigung der Nachbarn auszugeben, wenn diese ihre Klage zurückziehen.

Andere Städte, vor allem Bremen, aber auch Hamburg, Berlin oder Husum machen bereits vor, dass im urbanen Umfeld nicht nur Photovoltaikanlagen, sondern auch Windenergieanlagen sauberen Strom liefern können, ohne dass deshalb die Lebensqualität verloren geht. Vorsicht vor vorschnellen Urteilen ist geboten: Will man z.B. die scheinbar riesige Bochumer WEA durch dezentrale Kleinwindkraftanlagen auf Hausdächern ersetzen, benötigt man ca. 2000 Anlagen mit je 2,5 kW Nennleistung, weil die kleineren Einheiten eine geringere Effizienz haben und zudem die Windverhältnisse auf Hausdächern wesentlich schlechter sind. In Zukunft werden wir sicher Beides benötigen.