Partisan Solar

"Einspeisen statt Abspeisen" Foto: ©Autor

„Einspeisen statt Abspeisen“ Foto: ©Autor

Solarstrom aus der Steckdose beziehen ist normal. Solarstrom in die Steckdose einzuspeisen ist eine neue Option, die Eigenstromversorgung ohne eigenes Hausdach ermöglicht. Die „Solar-Partisanen“ entziehen sich der Kontrolle des Staates, der Netzbetreiber und der Stromversorger, indem sie einfach ein Solarmodul am Balkongeländer montieren und es mit dem Verbrauchsstromkreis der eigenen Wohnung verbinden.
Wenn die Sonne scheint und das Modul Strom produziert, steht der Stromzähler still oder dreht zumindest langsamer. Die angeschlossenen Geräte verbrauchen dann den Solarstrom vom Balkon, anstatt den teuren Strom aus dem Netz. Seit ein paar Jahren sind Balkonsolaranlagen als installationsfertige Komplettlösungen mit Wechselrichter im Handel erhältlich.

Sie sollen mit einem herkömmlichen SchuKo-Stecker installiert werden können. Sie machen so Solarstrom vom Balkon in den Steckdosen der eigenen Wohnung verfügbar und könnten bald auch für den Normalverbraucher ohne solare Vorkenntnisse attraktiv werden. Weil die genehmigungsfreien Solaranlagen zwar nicht verboten aber auch nicht erlaubt sind, wird die Nutzung der Solarenergie in dieser rechtlichen Grauzone auch Partisan- oder Guerilla Solar genannt.

Hobby für Solarfans oder Schnäppchen für Sparer?
Die Einstiegspreise liegen bei 400-500 € für das Komplettsystem. Für tausend Euro mehr gibt es noch einen Speicher dazu. Vergleicht man die Kosten eines solchen Systems mit der eigenen Stromrechnung wird jedoch schnell klar, dass eine Anlage mit 195 Watt Spitzenleistung sehr lange braucht, um bei einem Strompreis von 26,5 Cent pro Kilowattstunde die Investitionskosten wieder einzuspielen. Die Zeitschrift c’t errechnete eine maximale Ersparnis von 50 € im Jahr. Für die Einstiegsvariante würde sich die Investition erst nach 8 Jahren rechnen. Entscheidet man sich für ein normgerechtes, qualitativ höherwertigeres Modell und einen Anschluss durch Fachpersonal, kann sich die Amortisationszeit schnell verdoppeln. Eine Investition in sparsame Geräte erscheint da lohnender und wäre im übrigen auch ökologischer. Dennoch werden die Guerilla-Solar-Systeme weiter interessant bleiben, weil sich deren Kosten absehbar nach unten bewegen.

Solar-Szene will Legalisierung
Die Liebhaber der Solarenergie arbeiten intensiv daran den Schleier der rechtliche Grauzone abzustreifen, damit die Anlagen überall legal betrieben werden können. Wichtigste Voraussetzung: Der fachgerechte Anschluss. Während die Hersteller gern hervorheben, dass die nächste Schuko-Steckdose reicht, warnen andere davor den Anschluss ohne vorherige Prüfung durch einen Elektriker vorzunehmen. Die Initiative „solar2go“ hat eine interaktive Karte erstellt, die zeigt, wo bereits Balkonsolaranlagen legal zu betrieben werden. Für die Netzbetreiber ist wichtig, dass Stromzähler eine Rücklaufsperre hat, damit er nicht rückwärts zählt. Was in anderen Ländern als „net-metering“ legale Netzeinspeisung ermöglicht, ist in Deutschland Abrechnungsbetrug. Laut Niederspannungs-Anschluss-Verordnung ist der Bewohner selbst dafür verantwortlich, dass die technischen Vorschriften eingehalten werden. Das lässt sich sicherstellen nach Ansicht von Experten sicherstellen, wenn die Anlage von einem Fachmann mit einer separat installierten Wieland-Steckverbindung angeschlossen wird. Wer die Anlage dennoch selbst installieren will, dem bietet die Solarakademie Franken regelmäßig Tagesseminare „PV-Guerilla-Anlagen – fachgerecht installieren“ an.

Entwicklung nicht zu stoppen
Der Apfel vom eigenen Baum muss nicht heimlich gegessen werden. Er darf ganz legal verspeist werden, ohne dass Mehrwertsteuer fällig wird. So könnte es auch beim selbst erzeugten Strom sein. Doch wer Strom von der eigenen Solaranlage in das Stromnetz einspeist, muss nach derzeitiger Rechtslage auch für den selbst verbrauchten Anteil Abgaben zahlen, die sogenannte Sonnensteuer. Die Balkonsolaranlagen der Solarpartisanen zeigen, wie vielfältig und kleinteilig Solarenergie anwendbar ist. Die Stromversorgung über das Stromnetz ist längst nicht mehr immer und überall die preiswerteste und verlässlichste Art der Stromversorgung. Sogar die Eigenversorgung ganz ohne Netzanschluss, die in Ländern mit dünnerer Besiedlung und lückenhaftem Stromnetz selbstverständlich ist, wird auch in Deutschland zu einer wirtschaftlichen Alternative. Da die Kosten für Solarmodule immer weiter fallen, bieten verlässliche technische Lösungen dem Bürger neue Freiheiten und Einsparmöglichkeiten. Ein schwäbischer Unternehmer hat sein Unternehmen komplett vom Stromnetz abgekoppelt und will sich mit Hilfe von Solarenergie preiswerter versorgen als mit einem Stromnetzanschluss.